Hier ist er nun häppchenweise...
Mit Pet und Oskar auf Tour
Pet und Oskar? Ja, unsere neuen Reisegefährten! Beide von Suzuki, beide schon längst volljährig, aber beide mit erst 16.000km auf der Uhr - also jugendlich wie wir! :-)
Pet, eine 93er DR350 war zum Zeitpunkt ihres Kaufs mein Motorrad Nummer 5. Auf Russisch/Bulgarisch heisst "Pet" einfach nur "fünf", daher der Name. Oskar ist eine DR650 RSE mit Fahrwerk von StefanRB, damit e"r" nicht ganz so mädchenhaft ist :-)
Nachdem ich aus Russland zurück gekommen bin, sind wir gleich mit den beiden zum Tesch Treffen nach Malmedy in Belgien los gezogen. Ich habe dort einen Reisevortrag über meine Heimreise per Motorrad aus der Mongolei 2014 gehalten und Jan und ich nutzen die Gelegenheit, Pet und Oskar in die Motorrad-Reisecommunity einzuführen und eine kleine Testfahrt mit neuen Gepäckhaltern, Taschen, Fahrwerk und Sitzbänken zu machen.
Jans Oskar hat bei der Probefahrt gezeigt, dass er trotz seiner mädchenhaften Optik ein harter Kerl ist, meine Pet brauchte noch ein bischen Zuwendung. Mädchen halt! Ich glaube, das mit den nassen Füßen fand sie nicht so lustig. Aber an sowas muss man sich bei mir gewöhnen!

Die Vorgängerin von Pet ist nun auch verkauft, was das Konto wieder entspannter macht und so ist die Reisekasse gesichert und Pet, Oskar, Jan und ich düsten am Samstag los. Der Plan ist, nach Bulgarien zu fahren und dort Pet und Oskar samt ihrer im Louis Flohmarkt für 152€ zusammen gekauften Ausrüstung (Gepäck&Co) im Motocamp in Idilevo unter zu stellen. Dort werden die zwei auf uns warten, bis wir zum Beispiel spontan einen Billigflug ab Dortmund kaufen, um ein langes Wochenende unter bulgarischer Sonne (am Strand? In den Bergen?) zu verbringen, statt in deutschem Regen zu frieren.

Es ist immer gut, die Reiseroute vorher nicht fest zu legen. In unserem Fall war ja nur ein Motel in Mannheim reserviert, aber auch dort waren wir nicht. Statt Freitag Abend nach der Arbeit im Pfingst-Dauerstau bis Mannheim zu fahren, haben wir uns erst Samstag früh auf den Weg gemacht und nochmal gut zu Hause geschlafen. Wie der Zufall es wollte, hat mir Andreas, mit dem ich letztes Jahr in Serbien unterwegs war, kurz vor Abfahrt erzählt, dass er am Samstag mit Motorrad auf der Durchreise nach Kroatien eine Unterkunft in Kärnten suche. Och! Da fiel mir doch unser „Gasthof Steinbrugger“ in Molzbichl ein, das Aynchel vor etwa 10 Jahren auf der Anreise zur Dalmatia Rallye zufällig entdeckt hatte. Seit dem war ich nun schon 11 Mal dort! Spontan beschlossen wir, uns dort zu treffen.

Kleiner Nachteil: da Jan und ich nicht am Freitag, sondern erst Samstag los fuhren, lagen 927km vor uns. Ich war skeptisch. So viele Kilometer auf einem Zwergenmotorrad mit 350ccm und nur 27PS? Aber: das einzige Problem war die Kälte, denn plötzlich waren wir nach 11,5 Stunden ganz entspannt in Kärnten und schlemmten uns mal wieder durch die Spezialitäten. Mein Motorrad „Pet“ erwies sich als erstaunlich langstreckentauglich und die neue Sitzbank ist Gold wert! Noch nie war ich mit einem so kleinen Motorrad so weit nonstop gefahren. Und nun weiß ich: gar nicht schlimm! Pet kann das gut!

Am nächsten Morgen beim gemeinsamen Frühstück mit Andreas reifte der Plan, mit ihm gemeinsam weiter nach Kroatien zu fahren, wo er für eine Motorradreise, die er als Tourguide für Edelweiss Bike Travel führen wird, noch ein paar Strecken erkunden sollte. Er hatte dazu eine BMW R1200GS bekommen mit 950 Kubik und 100 PS MEHR als meine kleine Pet. Wieder war ich skeptisch. An das Reisen mit dem Zwergenmotorrad musste ich mich erst gewöhnen.
Das einzige Problem der Tagesetappe durch Österreich, Slowenien und den Norden Kroatiens war die Kälte. In Slowenien regnete es und meine Reifen, noch von der Vorbesitzerin meines letztjährigen Balkanmotorrades, waren nicht nässetauglich, ich fuhr auf Schmierseife und war extrem sauer. Und mir war kalt. 9 Grad und Regen entsprach nicht dem, was man sich unter schöner Slowenischer Bergwelt und Urlaubswetter so vorstellt.
In Kroatien hörte der Regen zwar auf, dafür gab es heftigen Wind bei Temperaturen von 7 Grad. Wir froren alle wie nie und hatten alles an, was das Gepäck so her gab. Der Wind blies so stark, dass Brücken gesperrt wurden und ein Tempolimit auf der Autobahn von 40km/h angezeigt wurde. Eigentlich wollten wir über den berühmten „Alan“ Schotterpass fahren, wegen Eiseskälte und Höllenwind haben wir das dann gelassen und sind über Autobahn nach Zadar.

Die ersten Cevapcici waren nicht so toll, aber die Altstadt, an dessen Hauptplatz wir Unterkunft fanden, war genauso schön, wie ich es noch in Erinnerung hatte. Es muss über 10 Jahre her sein, dass ich zuletzt dort war.
Von Zadar aus ging es auf der Edelweiss Route hinter Andreas her. Erst zum Krka Nationalpark, dann weiter durchs Hinterland auf kurvigen Straßen ohne Ende.

Die Cevapcici an der Grenze zu Bosnien Herzegowina waren himmlisch – und wegen der Kälte auch dringend nötig. Jan hat dann für die kommende Edelweiss Reisegruppe einen super Picknickplatz am See gefunden, bevor wir – falsch abgebogen oder nicht – durch unglaublich schöne Berglandschaft auf knapp 1000 Meter auf allerkleinsten Teerbändern gefahren sind. Ich mag Bosnien Herzegowina jedes Mal mehr, die Landschaft dort ist so schön wild!

Plötzlich, an einer kleinen Siedlung, stand ein LKW quer auf dem Weg. Der LKW schwankte im Stand, aber es war kein Fahrer in Sicht. Wir konnten mit den Motorrädern querfeldein daran vorbei fahren und wurden auf der anderen Seite von einem alten Mann gegrüßt: „Na, alles gut?“ Er hatte vor 40 Jahren in Deutschland gearbeitet und erklärte, sein Nachbar bekäme gerade Kühe per LKW geliefert.
In Mostar angekommen fühlte es sich bereits wie zu Hause an. Unsere Wirtin inmitten der Altstadt mit Blick auf die Brücke kam angerannt (wir hatten nicht reserviert) und fragte ganz erstaunt, warum wir denn jedes Mal mit anderen Fahrzeugen kämen. :-) Wie immer war Mostar am Abend ein Juwel, das wir immer und immer wieder genießen können!

Am nächsten Morgen, meinem 40. Geburtstag, haben wir uns nach dem gemütlichen Frühstück im Garten kaum vor die Tür getraut, weil es überall von Touristengruppen wimmelte. Unseren Versuch, zur Brücke zu laufen, gaben wir auf und flüchteten hinter Andreas aus der Stadt. Die 250km bis Kotor in Montenegro waren ein absoluter Traum! Nur Kurven und gar kein Verkehr! Nur wir und unser erhöhtes Reisetempo in umwerfender Berglandschaft! Mein Geburtstagsgeschenk an mich selbst: zwei neue Stempel im Pass mit dem Datum meines Geburtstages!

Mittlerweile bin ich ganz verliebt in Pet, sie fährt sich gar nicht so klein, wie sie ist und mag Kurvenhatz genauso gerne wie ich! Nur die Polizei mag keine Kurvenhatz und hat uns mit dem Radar eingefangen und angehalten. Ich glaube, denen war es zu blöd, mit uns zu diskutieren, denn wir können ja alle drei nur Deutsch und da war Verständigung echt schwer! :-) Die Streckenführung war ein echtes Geburtstagsgeschenk, inklusive Essen an einem Bergsee! Direkt am Grenzübergang zu Montenegro fing es dann wieder an, zu regnen – und natürlich wurde es dann auch wieder eiskalt. Ich weiß nicht, wann ich zuletzt in einem Urlaub so viel gefroren habe!

Schnell runter ans Meer in die malerische Bucht von Kotor, Südeuropas tiefstem Fjord. Unser Hotel liegt direkt in der Altstadt von Kotor an einem kleinen, verschlafenen Platz. Hier wollte ich schon lange mal hin! So schön!
Montenegro existiert erst seit 10 Jahren und hat es sich einfach gespart, eine eigene Währung einzuführen. So zahlt man dort mit Euro, ohne in der EU zu sein. Finde ich gewöhnungsbedürftig. Das, was wir bisher von Montenegro gesehen haben ist viel "reicher" als Serbien, wozu Montenegro ja früher gehört hat. Der Asphalt ist super, die Dörfchen wirken "aufgeräumter" und die Autos neuer. Die Küste ist spektakulär: steil bis 1000m aufragende Gebirgszüge fallen fast senkrecht ab zu einem schmalen Küstenstreifen mit Fjorden.

Jan und ich entschieden, die mittelalterliche Altstadt unter UNESCO Weltkulturerbe Schutz noch einen ganzen Tag lang zu genießen, während Andreas sich auf den Weg nach Dubrovnik machen musste, seine Reisegruppe begrüßen. Wir hatten eine super Zeit zu dritt mit perfektem Kurvenrausch auf Strecken, die nur uns zu gehören schienen...

Donnerstag früh gondeln wir weiter nach Albanien und fahren Freitag mit der berühmten (neuen) Fähre auf dem Koman Stausee durch Bergschluchten auf türkisfarbenem Wasser. Das stand auch schon länger auf meiner Liste der Reise-Ideen und nun liegt das zufällig auf dem Weg von der Dalmatischen Küste nach Bulgarien. So fügt sich alles, wenn man den Plan erst dann macht, wenn man schon unterwegs ist!